Zu jedem Start in ein neues Jahr gehört der Blick auf das, was das neue Jahr bringen wird. Was die HR-Welt 2018 stark bewegen wird, haben einige HR-Blogger-Kollegen schon sehr zutreffend zusammengefasst: Auf personalmarketing2null.de geht Henner Knabenreich elf Recruiting-Trends 2018 auf die Spur (Das sind die Recruiting-Trends für 2018). Die Jungs und Mädels von Wollmilchsau fassen ihre Prognose in 5 Trends zur Recruiting Offensive zusammen (Recruiting Offensive: Diese 5 Trends darfst du 2018 nicht verpassen). Auf persoblogger.de stellt sich Stefan Scheller im Interview ein paar Fragen zu „Rückblick 2017 und Ausblick 2018 – Traditionelles Interview zum Jahreswechsel“. Und auch haufe.de gibt einen Ausblick auf „Die HR-Trends 2018“ und stellt „Die wichtigsten HR-Veranstaltungen im neuen Jahr vor“.
Ich kann die Artikel sehr empfehlen, denn neben altbewährtem, wie Candidate Experience, mobiloptimierten Websites oder Mitarbeiterempfehlungen, sind auch wirklich neue Themen dabei: Was haben zum Beispiel Blockchain und Kryptowährungen mit einem modernen Recruiting zu tun? Na klar, die zunehmende Digitalisierung wird auch vor der Personalarbeit keinen Halt machen. Es wird also 2018 höchste Zeit, eine entsprechende Haltung im Recruiting anzunehmen, wie Michael Witt von den Personalblogger.net es treffend beschreibt: „Digital ohne Wenn und Aber?? – Das neue Recruiting-Mind Set!!“
Auch mich wird die Digitalisierung 2018 beschäftigen, unter anderem als Referentin auf der Fachveranstaltung „Digitaler Wandel und die Diakonie Hamburg“. Aber, durch meine rosa-rote Familienbrille, die ich aktuell trage, nehme ich auch noch andere Entwicklungen fern der Digitalisierung wahr: Trends weichgespült sozusagen, aber ebenso beachtenswert.
Gib mir Hygge
Nicht erst vor Weihnachten war mein Instagram-Feed voll: #Hygge und #Kerzenschein. #Hygge und #Zusammensein. #Hygge und #Glückseligkeit. Hygge soweit das Auge bzw. der Feed reicht. Ja, ich gebe es zu, auch ich musste den Begriff erst einmal googlen und mich einlesen (mein Buchtipp: „Hygge – Ein Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“ von Meik Wiking). Aber, was hat dieses hyggellige Lebensgefühl mit unserer Arbeitswelt zu tun? Kuschelkurs mit den Kollegen oder gar mit dem Chef?
Hygge ist aus meinen Augen einen Blick wert – und zwar aus mehreren Perspektiven: Zum einen ist da scheinbar diese Sehnsucht nach Gemütlichkeit, Geborgenheit, Glück, einem Wir-Gefühl, die natürlich auch vor der Arbeit keinen Halt macht. Diskussionen hierzu kennen wir aus dem Feelgood-Management, einer Bewegung, die bereits seit einigen Jahren der Wohlfühlatmosphäre bei der Arbeit auf die Sprünge hilft.
Zum anderen wird Hygge aber auch kritisch beäugt: In dem SZ-Artikel Die Mär vom „einfachen Leben“ beschreibt die Autorin den „Hygge“-Hype als reaktionär, „da Frauen in Deutschland, all ihre Energie auf behagliche Nesteinrichtung, und süßen Nachwuchs konzentrieren, statt sich um unschöne Themen wie Rentenpunkte, Gleichberechtigung oder bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu kümmern„. Und damit wären wir dann wieder in den Personalabteilungen dieses Landes angekommen. Denn im vielbeschworenen Fachkräftemangel brauchen wir eine höhere Erwerbsquote von Frauen, was nur mit entsprechenden Maßnahmen wie Teilzeitangeboten, flexiblen Arbeitszeiten und einem weiteren Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, erreicht werden kann – und vielleicht ja auch durch ein bisschen mehr Hygge am Arbeitsplatz.

Hygge im tandemploy Office in Berlin.
Ich begebe mich in diesem Blogger-Jahr also auf Spurensuche nach Hygge in der Arbeitswelt. Wie praktisch, dass uns der nächste Familienurlaub nach Dänemark führt. Ich bin gespannt, was ich vor Ort von einem der glücklichsten Völker der Welt und über Hygge lernen kann und werde hier im Blog berichten.
Sei achtsam!
Eng verbunden mit Hygge ist ein zweites Thema, das immer stärker in allen Lebensbereichen in den Vordergrund rückt: Achtsamkeit und Entschleunigung. Während wir unser Essen schon lange als Slow Food genießen, ich mich aktuell stark mit Slow Blogging identifizieren kann und Slow Media ins Personalmarketing einzieht (siehe hierzu den Beitrag auf persoblogger.de „Entdigitalisierung und Reanalogisierung als Gegentrend zur Digitalisierung – sowie die Bedeutung von Slow Media im Personalmarketing“), nun also endlich Slow Working?
Nach höher, schneller, weiter in der heutigen Leistungsgesellschaft, jetzt ein Umdenken? Ich wünsche es mir und der Blick auf einige innovative Arbeitgeber lässt hoffen: Nach Google, die schon 2012 ihren eigenen Guru beschäftigten, hat mittlerweile auch SAP einen Chief of mindfulness practice, der Meditation und mehr Achtsamkeit erfolgreich in den Arbeitsalltag bringt. Und wer nun direkt an die hohen Budgets der Großkonzerne für solche Spielerein denkt, dem kann ich das Angebot der Meditationsapp 7Mind.de empfehlen: Ein kostenloses Whitepaper führt in das Thema ein und gibt Impulse, wie Achtsamkeit im unternehmerischen Kontext (vor)gelebt werden kann.
Während ich also ganz meditativ meinen Kinderwagen durch den Hamburger Stadtpark schiebe, bastle ich gedanklich schon an meinem neuen Blogbeitrag zu diesem Thema. Aufhänger und Best Practices gibt es wahrscheinlich zu Genüge, wenn ich nur aufmerksam und achtsam genug bin.
Wege der Veränderung
Der dritte Trend, den ich wahrnehme, kommt aus ähnlicher Richtung: Persönlichkeitsentwicklung und Spiritualität. Nur ein Blick in die iTunes Podcasts-Charts zeigt die aktuelle Lust der Deutschen sich persönlich weiterzuentwickeln: Happy, holy & confident, Die Kunst, Dein Ding zu machen oder die Awesome People bewegen täglich tausende Menschen, sich zu reflektieren, Visionen zu entwickeln, ihre Talente einzubringen und ihr Potenzial zu entfalten. Nach Fitness und Körperkult ist nun die Persönlichkeitsentwicklung der nächste Massenmarkt.
Ja, und? Dafür haben wir doch die Kollegen aus der Personalentwicklung, die sich um die Weiterentwicklungswünsche unserer Mitarbeiter kümmern, oder? Ich glaube, diese Angebote reichen vielerorts nicht aus. Denn den Menschen geht es nicht um ein Seminar, das ihnen kurzfristig zeigt, eine bessere Führungskraft zu sein. Es geht viel mehr um Selbstverwirklichung, eigene Visionen und Sinnerfüllung. Wer als Arbeitgeber auch auf diese Entwicklungswünsche der Mitarbeiter eingeht, zum Beispiel über Coaching-Angebote, Bildungsurlaub, Sabbaticals, der berühmten „20 Prozent-Zeit“ wie einst bei Google, oder oder oder (weiteren Ideen spüre ich nach), zahlt auf seine Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterzufriedenheit ein.
Auch der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeitmodellen ist eine Ausprägung dieses Trends: Wie bereits in meinem Interview über Jobsharing mit Tandemploy beschrieben, möchten immer mehr Menschen den zeitfressenden Vollzeit-Job gegen weniger Arbeitszeit einzutauschen, um zum Beispiel nebenbei was eigenes zu starten (siehe auch den Erfolg von Büchern wie: Das 4-Stunden-Startup: Wie Sie Ihre Träume verwirklichen, ohne zu kündigen). Die Forderung einer Wahloption auf Reduzierung der Arbeitszeit auf bis 28 Stunden, wie die IG-Metall sie aktuell in ihren Tarifrunden stellt, zielt ebenfalls genau in diese Richtung. Wie können sich also Unternehmen auf diese Sehnsüchte und Wünsche von Mitarbeitern einstellen? Welche Vorteile bringt es? Wo sind Grenzen? Dies sind spannende Fragen, die ich in 2018 gern näher ergründen möchte.
Zeig, was in dir steckt!
Mit der Persönlichkeitsentwicklung rückt dann ein weiteres Thema in den Vordergrund: Kompetenzorientierung in der Personalauswahl. Ich würde es zwar nicht als Trendthema bezeichnen, aber es wird zukünftig immer wichtiger werden: Denn von der Vorstellung, gute Personalentscheidungen auf formalen Qualifikationen zu fällen, müssen wir uns verabschieden. Vielmehr muss der Mensch mit all seinen Erfahrungen und Fähigkeiten betrachtet werden. Klingt einleuchtend, aber ist in der Umsetzung auch mit ganz schön vielen Anstrengungen verbunden. Ich war auf jeden Fall ziemlich überrascht über das Ausmaß dieses Themas, als ich im November in einem Vortrag von Dr. Annett Herrmann über ihr Projekt „Kompetenzorientierung und Personalarbeit“ hörte. Meine Neugier ist geweckt und das Interview mit Frau Herrmann also bereits angefragt.
Soweit mein Blick auf das neue Jahr und die Themen, mit denen ich mich gern beschäftigen möchte. Was sind Trends, die ihr wahrnehmt und die ihr gern einmal auf meinem Blog lesen möchtet? Schreibt mir und nehmt mich mit.
Alles Gute – ich freue mich auf ein spannendes 2018!