„Einfach mal machen“ – was mein heutiger Gast regelmäßig Unternehmen und Organisationen im Recruiting und Personalmarketing empfiehlt, beherzigt sie auch für ihre eigenen Projekte. Denn nach nur einem Jahr erscheint schon ihr nächster Titel. Nach „Recruiting to go“ ist ab dieser Woche das neue Buch von Maja Schäfer erhältlich: „Wie die Anwerbung von ausländischen Fachkräften gut gelingen kann. Internationales Recruiting in Sozial- und Gesundheitsunternehmen“. Während in „Recruiting to go“ die Auslandsrekrutierung als Trendthema auf wenigen Seiten beschrieben wird, nun also die konsequente Fortsetzung für alle, die sich intensiver mit der Gewinnung und Bindung ausländischer Fachkräfte beschäftigen möchten. Ich habe Maja also noch einmal um ein Interview und ein Exemplar zur Verlosung für meine Leserinnen und Leser gebeten.
Liebe Maja, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Buch. Erzähl doch mal kurz, wie die Idee zum neuen Titel entstanden ist.
Im September 2017 war ich als Keynote Speakerin auf der Jahrestagung des Netzwerks SoCareNet Europe in Granada in Spanien, deren Oberthema die internationale Personalgewinnung war. Während es in meinem Eröffnungsvortrag um neue Wege der Personalgewinnung im Allgemeinen ging, fokussierte sich das weitere Programm dann auf die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Schon vorher hatte ich in unserem „SOZIALE BERUFE kann nicht jeder“-Blog immer wieder über spannende internationale Projekte der Diakonie berichtet – wie den Aufbau einer Altenpflegeausbildung speziell für die Zielgruppe Arbeitsmigranten aus dem Kosovo oder die Erfahrungen einer rumänischen Krankenpflegerin bei ihrem neuen deutschen Arbeitgeber. In Granada sah ich dann, mit welcher Begeisterung die Projektleiter auf deutscher Seite und die ausländischen Partnerorganisationen ihre Programme gemeinsam auf die Beine stellen. Da geht es nicht nur sachlich um das Stopfen von Personallücken, sondern man setzt sich mit Herzblut und persönlichem Engagement weit über die Bürozeiten hinaus dafür ein, Arbeitsmigranten eine zweite Chance im Leben zu geben, die europäische Idee mit Leben zu füllen oder der verlorenen jungen Generation eines Landes eine Zukunft aufzubauen. Das war wahnsinnig inspirierend. Und so kam es dann zu dem Buch.
An „Recruiting to go“ gefallen mir besonders die leicht verständliche Sprache und die vielen Beispiele aus dem Recruiting-Alltag, zum Beispiel in Form von Interviews. Wie ist das neue Buch aufgebaut? Bleibst du deinem Stil treu?
Ich kann nur so schreiben: locker-flockig, teils fast flapsig ;-). Nicht alle finden das gut – es gibt auch Kritiker, die meinen, ich nehme die Themen auf die leichte Schulter. Doch ich denke, eine lockere Sprache und eine ernsthafte Herangehensweise an ein Thema sind kein Widerspruch. Wie ich ja auch in meinen Büchern zur Personalgewinnung schreibe: Seriosität, zum Beispiel auf Karrierewebseiten oder in Stellenanzeigen, ist nicht gleich völlig langeweilige Aufmachung. Ich bin da in meinen vier Jahren beim Radio durch eine harte Schule gegangen. Nach meinem Studium der Publizistik und Anglistik, wo ich vor allem wissenschaftliche Texte verfasste, sollte ich als Hörfunkredakteurin plötzlich Weltnachrichten in zwei Sätzen zusammenfassen, die jeder im Auto oder unter der Dusche schnell verstehen konnte. Trotzdem mussten sie sachlich korrekt sein. Heute bin ich eine begeisterte Verfechterin der Idee, Geschäftsberichte, Beipackzettel in Medikamenten oder Behördenformulare grundsätzlich in „Leichter Sprache“ zu verfassen. Die ist zwar eigentlich für Menschen mit Beeinträchtigungen entwickelt worden, aber wenn wir mal ehrlich sind, versteht doch kaum einer von uns diese komplizierte Fachsprache, den Nominalstil… Und ja, natürlich sind im Buch auch wieder viele Interviews mit Projektleitern von internationalen Recruiting-Programmen, Organisationsberatungen, ausländischen Projektpartnern und internationalen Fachkräften enthalten, um das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
Dann lass uns mal einen Blick in die Inhalte werfen: Was sind denn deiner Meinung nach die wichtigsten Voraussetzungen für Sozial- und Gesundheitsunternehmen, um erfolgreich im Ausland Fachkräfte zu rekrutieren?
Wichtig sind vor allem folgende Punkte: Das Management muss dahinter stehen – internationales Recruiting kann nicht die Personalabteilung im stillen Kämmerlein machen. Der Zeitraum und das Budget für ein Pilotprojekt müssen ausreichend lang und groß sein (3 Jahre, 10.000 Euro pro Fachkraft). Klare Empfehlung: Keine Massenanwerbungen, sondern solide Strukturen, die je nach Trägergröße zehn bis fünfzehn Fachkräfte pro Jahr durchlaufen können. Und die Integration und Bindung der neuen internationalen Mitarbeitenden muss genauso wichtig genommen werden wie die Anwerbung.
Und, wo liegen die größten Hürden für die Unternehmen? Was bereitet am häufigsten Schwierigkeiten?
Schwierig wird es, wenn man nicht strategisch vorgeht. Wenn man hier mal einen FSJler aus Ungarn und dort mal eine Fachkraft aus Spanien einstellt und dann wieder zwei Jahre niemanden, weil es so anstrengend ist. Auf diese Weise können sich keine tragfähigen Strukturen herausbilden und kann kein Know How aufgebaut werden. Schwierig wird es auch, wenn man zu schnell aufgibt. Egal wie gut das Projekt vorbereitet ist, es gibt immer unvorhersehbare Hürden. Das heißt dann aber nicht, dass alles doch nichts bringt und man nach 1,5 Jahren das Handtuch werfen sollte. Ohne Geduld und Durchhaltevermögen bringt diese Methode nichts. Problematisch wird es auch, wenn man die Mitarbeiterschaft nicht rechtzeitig informiert und ihr plötzlich die ausländischen Kollegen vor die Nase setzt. Oder wenn die Stammbelegschaft unvorbereitet in der Presse liest, welchen Aufwand das eigene Unternehmen betreibt, um es den ausländischen Fachkräften schön zu machen. Das kann nur Missgunst geben. Es geht also darum, von Anfang an alle einzubeziehen. Wenn die langjährigen Kollegen mit eigenen Ideen dabei mithelfen dürfen, den internationalen Kollegen den Start in Deutschland leichter zu machen, kann das internationale Recruiting den Teamgeist stärken und zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit auch in der Stammbelegschaft führen.
Für unsere Kunden rekrutieren wir bei CareFlex auch seit einigen Jahren erfolgreich im Ausland. Unsere Erfahrung ist, dass nicht die Gewinnung im Ausland, sondern die Integration in Deutschland die größere Aufgabe darstellt. Weshalb wir besonders großen Wert auf eine langfristige Begleitung der Fachkräfte und Unternehmen legen, unter anderem durch unseren eigenen Integrations-Coach. Was sind deine Erfahrungen? Was wünscht du dir für die Fachkräfte, die nach Deutschland kommen, um sich hier eine neue berufliche Existenz aufzubauen?
Es ist absolut richtig, dass die Arbeit am Tag der Einreise der neuen internationalen Kollegen nicht aufhört, sondern eigentlich erst anfängt. Maßnahmen wie interkulturelle Trainings, Konversationskurse und Personalentwicklung sind dann wichtig – wohlgemerkt nicht nur für die ausländischen Fachkräfte, sondern auch für die deutschen Teamkollegen. Integration ist ein Prozess, der von zwei Seiten ausgeht, die sich aufeinander zubewegen. Der Integrations-Coach ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, jedoch darf er nicht den Fehler machen, zu viel zu helfen. Dann werden die internationalen Fachkräfte nicht selbstständig. Wie in der Entwicklungshilfe lautet das Motto: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Erst nach zwei Jahren kann man sagen, ob sich eine Fachkraft gut integriert hat und langfristig an das Unternehmen gebunden ist. Wenn eine internationale Fachkraft das Unternehmen dann aber nach drei Jahren wieder verlässt, bedeutet das aber wiederum nicht, dass man gescheitert ist. Das ist die ganz normale Fluktuation. Die Generationen Y und Z planen ihr Berufsleben heute nicht 40 Jahre beim selben Arbeitgeber. Sie sind wechselfreudig und wollen verschiedenste Erfahrungen sammeln.
Welche Rolle spielt denn die Politik? Was kann oder sollte sie deiner Meinung nach leisten, um die Pflegebranche stärker bei der Rekrutierung im Ausland zu unterstützen?
Die im internationalen Recruiting tätigen Arbeitgeber, die ich für mein Buch interviewt habe, fordern vor allem einfachere Gesetze in Bezug auf die Arbeitsmigration und finanzielle Fördermittel zum Aufbau von internationalen Recruiting-Programmen. Viele Initiativen der Regierungen oder Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation sollen dazu beitragen, die Arbeitsmigration zu vereinfachen, aber aus Sicht der Unternehmen führen sie eher zu noch mehr Verwirrung, Sonderfällen und Ausnahmeregelungen. Die Unternehmen erleben es so, dass teils von Behörde zu Behörde, Ort zu Ort oder sogar von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter die Antragsverfahren unterschiedlich gehandhabt werden. Das kann so nicht weitergehen. Auch wird häufig ein Qualitätssiegel für internationale Personalvermittler gefordert, sodass Arbeitgeber keine Angst haben müssen, auf schwarze Schafe hereinzufallen.
Zum Schluss noch eine Prognose: Wie sieht das Recruiting der Zukunft in Sozial- und Gesundheitsunternehmen aus? Und, planst du schon dein nächstes Buchprojekt zu einem der Themen ;-)?
Das Recruiting entwickelt sich ständig weiter. Ich weiß nicht, ob sich in ein paar Monaten oder Jahren Techniken wie Chat-Bots in der Bewerberkommunikation oder Vorstellungsgespräche per 3D-Videobrille etabliert haben werden. Ich weiß aber, dass man als Recruiter diese Trends im Auge behalten und immer wieder den einen oder anderen ausprobieren sollte.
Mit meinen neuen Sachbuchprojekten ist es immer dasselbe: Wenn ich Anfang des Jahres gerade ein Manuskript abgegeben habe, schwöre ich mir, dass das jetzt das letzte Sachbuch war und ich nun endlich einen Roman schreiben werde. Doch spätestens im Juni, Juli finde ich das nächste Thema sozusagen auf der Straße und fange doch wieder an. Im Moment bin ich mal wieder in dem Stadium: Schluss jetzt mit den Sachbüchern. Aber fragen Sie mich nochmal im Sommer! 🙂
Liebe Maja, herzlichen Dank für deine Zeit und den spannenden Einblick in das neue Buch!
Ich verlose auch dieses Mal ein Exemplar unter meinen LeserInnen. Um zu gewinnen, schick mir eine Mail mit dem Stichwort „Auslandsrekrutierung“ und Deiner Adresse an: willkommen@salonderguten.de. Für alle, die leer ausgehen, geht’s dann hier entlang.